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Teure Abos
Stehen viele Fußball-Kneipen vor dem Aus?

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Fußball-Übertragungen sind für Kneipen ein teures Vergnügen.
Fußball-Übertragungen sind für Kneipen ein teures Vergnügen. Foto: Stefan Arend

Wirte im Ruhrgebiet streichen Fußball-Übertragungen aus ihrem Angebot. Haben die Deutschen weniger Lust auf Fußball? Oder gar auf Kneipen?

Die Lage ist kompliziert. Zumindest viel komplizierter als früher, als Fußball im Fernsehen aus einer Hand kann. Egal, welche Liga, egal, welche Anstoßzeit. Heute muss man mehrere Anbieter buchen, um alles zeigen zu können. Allein für die Bundesliga braucht es zwei Verträge. Einen für Sky, das die Samstagspiele zeigt, und einen Zweiten für Dazn, wo die Spiele am Freitagabend und am Sonntag zu sehen sind.

Dort läuft auch die Champions League – mit Ausnahme eines Spiels am Dienstagabend, für das Amazon Prime die Rechte hat. Und wer die Spiele der Euroleague sehen will, muss noch RTL+ empfangen können und bezahlen wollen.

Immerhin: Es gibt Kooperationen. Wer Sky hat, darf auch die Begegnung auf Amazon Prime zeigen. Und zwischen Dazn und RTL+ laufen Verhandlungen, damit Gastro-Kunden neben der Champions League auch die EFA Europa League sowie die UEFA Europa Conference League auf RTL+ zeigen können. Ergebnis: noch offen.

Teuer ist das Ganze auch. Der Preis für ein Gastro-Abo variiert je nach Größe und Laufzeit des Betriebs zwischen 170 € und 399 €. Bei Sky ist es noch komplizierter, weil der Sender ein Abo-System hat, das neben der räumlichen Größe eines Betriebes auch die Kaufkraft, Sportaffinität und Bevölkerungsdichte am Standort berücksichtigt.

Schon kleinere Betriebe kommen da meist auf monatliche Kosten von deutlich über 1000 Euro. Erschwerend kommt hinzu, dass die bei den Übertragungen anfallende Gema-Gebühr seit Anfang des Jahres nicht mehr wie bisher im Sky-Abo enthalten ist, sondern von den Wirten nun zusätzlich gezahlt werden muss.

„Das müssen Sie alles erst einmal wieder reinholen“, sagt Lars Martin, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Westfalen. Fast jeder Wirt einer Fußballkneipe habe sich deshalb hingesetzt und in Ruhe überlegt, ob sich die Sache für ihn noch lohne. Wie viele ihren Abos anschließend gekündigt haben, weiß Martin nicht. „Viele“, sagt er. „Aber genau Zahlen haben wir nicht.“

Zahl der Streaming-Kneipen seit 2019 stark zurückgegangen

Wer Zahlen hat, der verrät sie nicht. Sky jedenfalls lässt Anfragen unbeantwortet. Und Dazn erklärt nur: Über das gesamte Jahr konnten wir einen leichten Anstieg an Abonnenten unseres Gastronomie-Angebots erkennen. Was natürlich auch daran liegen kann, dass bisher längst nicht jede Fußball-Kneipe ein Dazn-Abo hatte. Noch gegen Ende vergangenen Jahres hatte das Unternehmen jedenfalls eingeräumt, dass „die Anzahl der Kneipen, Hotels und Restaurants, die Sport-Streaming anbietet, in Deutschland seit 2019 um circa 25 bis 30 Prozent zurückgegangen ist.“ Ob die Abos gekündigt wurden oder die Lokalität Corona bedingt komplett schließen musste, ist unklar.

Die Lage sei bei jeder Kneipe anders, sagt Christian Bickelbacher, Betreiber der Three Sixty Sportbars unter anderem in Bochum und Oberhausen. „Für uns ist Fußball natürlich unverzichtbar.“ Erst recht, solange der heimische VfL in der 1. Bundesliga spielt. „Das spüren wir ganz deutlich in der Kasse“, sagt er. „Schon weil in der 1. Liga viele mehr Gästefans mitreisen.“ Kollegen aus Sportsbars in anderen Städten kennen das. „2. Liga kostet uns echt Geld.“

Die große Ausnahme ist Gelsenkirchen. „Die könnten in der 7. Liga kicken und die Fans würden kommen, wenn das jemand überträgt, ist ein Wirt dort überzeugt, der anonym bleiben möchte. Denn eigentlich müsste er sein Abo kündigen. „Wenn Schalke spielt, ist alles okay. Für andere Spiele kommt kaum noch jemand.“ Aber eine Kneipe ohne Fußball? „Das geht in Gelsenkirchen nicht.“

In Dortmund eigentlich auch nicht. Jörg Kemper, Wirt vom „Wenkers am Markt“ hat es trotzdem gewagt, auf Dazn zu verzichten. Aufs Jahr umgerechnet sei das „betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll“, sagt er. Freitags und sonntags lohne sich das Abo nicht. „Wenn der BVB nicht auf dem Platz steht, kommt auch keiner.“ Selbst bei Auswärtsspielen der Mannschaft in der Champions-League sei nicht zu erwarten, dass sein Lokal aus allen Nähten platze. „Für viele Menschen erfolgt der Anstoß mitten in der Woche zu spät.“ Wichtig für das „Wenkers“ sei, dass samstags um 15.30 Uhr der Ball auf den Fernsehern rolle. „Und das wird er weiterhin.“ Was die Kundschaft zum eingeschränkten Angebot sagt: „Fast alle verstehen das.“

Viele Fans treffen sich mittlerweile privat zum Gucken

Vielleicht auch, weil sie selbst sparen müssen. In fast allen Kneipen ist die Kundenzahl in den letzten Jahren zurückgegangen. Und jeder Wirt kennt Fans, die sich stattdessen irgendwo in der Gartenlaube oder im Wohnzimmer treffen. Wo seit der Pandemie oft ein großer Bildschirm steht und im Kühlschrank eine Kiste Bier für zehn Euro. Und wo man sich die Kosten für die Abos (70 bis 80 Euro im Monat) durch drei oder vier teilt. „So ein Treffen ist dann natürlich umgerechnet billiger als ein Besuch bei uns“, sagt Christian Bickelbacher. „Und viele Menschen müssen mittlerweile auf jeden Euro achten.“

Aber selbst, wer das nicht muss, kommt seltener in eine Fußball-Kneipe. „Viele Wirte haben den Eindruck, dass eine gewisse Fußballmüdigkeit eingesetzt hat“, bestätigt Lars Martin. Millionen-Transfers, extrem hohe Gehälter für die Stars, ewiges Lamentieren auf dem Platz, „damit kommen viele Fans – nicht nur, aber besonders im Ruhrgebiet - nicht mehr klar“, sagt ein Wirt aus der Nähe von Dortmund. Und selbst sein Gelsenkirchener Kollege kennt immer mehr Leute, „die wieder Landes- oder Oberligafußball gucken“. „Echter“ finden sie den. Aber nicht nur das. „Halbzeit-Bratwurst und Pilsken sind da auch viel billiger.“

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